Eines wird ganz schnell klar: Dieter Funk ist kein Zaungast, sondern ein Mann der Tat. Er ist ein kreativer Visionär und gemeinsam mit seiner Crew Brillenmacher aus Leidenschaft. Sein strenger Ausbilder zwingt ihn damals regelrecht dazu, das Gelernte präzise anzuwenden. Er fertigt seine erste Brille von Hand und entdeckt in diesem Moment seine Passion.
Wir sitzen gemeinsam in der Küche des alten Bauernhauses und trinken kaltes Dachsbräu aus der Flasche. Dieter erzählt von seinen Anfängen in der Optik-Branche und dem Traum einer eigenen Manufaktur. „Es vergingen allerdings noch viele Jahre mit zahllosen ‚Verzweigungen‘ meiner beruflichen Entwicklung, bevor ich diesen Traum verwirklichen konnte.“
Der Umzug von München hinaus aufs Land im Jahr 2002 fungiert als Game Changer. Plötzlich ist genügend Raum vorhanden, die Grundlage für FUNK, wie wir die Firma heute kennen, ist geschaffen.
„Als dann endlich die ersten Maschinen zur Brillenherstellung ankamen und ich alleine in meiner allerersten Brillenmanufaktur saß, war das wie Weihnachten, Geburtstag, Ostern, Weihnachten, Geburtstag und nochmal Weihnachten zusammen.“
Heute produziert Dieter Funk seine Kollektion in der eigenen Brillenmanufaktur im bayerischen Kinsau von Hand. Dabei bewahrt der Designer auch alte Färbetechniken, verwendet Vintage-Acetat oder seine aktuellste Innovation: Recycling-Acetat. Qualität und Transparenz bleiben stets kompromisslos.
„Im Rückblick? Bitte alles nochmal genau so.“
Die langen Jahre als DJ begreift Dieter nicht als Umweg. Er vergleicht sie vielmehr mit einem Blick um die Ecke auf seinem eigentlichen Kurs als Designer, Augenoptiker und Brillenmacher. „Die urbanen Eindrücke, die vielen Begegnungen, das Aufleben von Trends innerhalb der internationalen Clubszene; all das stellt einen unfassbar wichtigen Teil meiner Entwicklung und meiner gestalterischen Arbeit dar.“ Im Sommer 1992 gründet er sein Unternehmen, geht den Schritt in die Selbstständigkeit.
Rückblickend, sagt Dieter, würde er alles wieder genau so machen. „Denn alle Erlebnisse der Vergangenheit, die guten wie auch die schlechten, haben zum Jetzt geführt. Und das Jetzt, das ist ziemlich gut, so wie es ist."
Auf die Frage, was ihn im Schaffensprozess inspiriert, dreht Dieter die bisher dezent im Hintergrund laufende Musik etwas lauter. Nach wie vor spielt die nämlich eine tongebende Rolle in seinem Leben und stößt Denkprozesse an. Doch die größte Quelle der Inspiration, sagt er, sind die Gespräche mit seiner Frau Sashee Schuster. Die Abende in der Küche des alten Bauernhauses bringen neue Ideen ans Tageslicht. Durch die vorhandenen Möglichkeiten der schnellen Umsetzung werden Produkte, Räume und Konzepte verwirklicht hinter denen die Funks zu 100% stehen.
„Wir bezeichnen diesen Entstehungsprozess selbst als kreativ-mentales Ping Pong Spiel. Nicht selten haben wir Freunde zu Besuch hier in Kinsau und wenn dieser Küchentisch sprechen könnte, er würde Geschichten erzählen, die glaubt einem keiner!“
Schon vorhin im Flur ist uns eine Pinnwand aufgefallen. Zu sehen sind Fotos mit Cappadonna vom Wu-Tang Clan, Rae Garvey, Gizz Butt, Moop Mama und IAMX. Jetzt sitzen wir hier und während Dieter erzählt, kommt es uns fast so vor, als wären wir an besagten Abenden selbst dabei gewesen.
„Je nach Stimmung trage ich fast täglich eine andere Lieblingsbrille.“
Dieter selbst ist stark kurzsichtig. Die Brille war und ist schon immer Teil von ihm. Über die Jahre hinweg sammelt er eine ganze Reihe Lieblingsmodelle, kann kaum mehr zählen, wieviele Brillen er schon getragen hat. Zur Zeit wählt er aus rund 16 Brillen und Sonnenbrillen in seiner Sehstärke, trägt fast jeden Tag eine andere.
Die Entwürfe des Designers sind form- und ausdrucksstark. „Ich spreche keine bestimmte Zielgruppe an, sondern einfach alle, die Lust auf Individualität und ein ehrliches Produkt Made in Germany verspüren. Die Brille sitzt mitten im Gesicht, also sollte sie unbedingt zum Charakter passen, Teil der Gesamterscheinung werden. Kurzum, sie sollte das eigene Charisma unterstützen.“ Auf Anatomie, Formgefühl und Harmonie im Zusammenspiel mit dem Gesicht legt Dieter Funk bei seiner Entwurfsarbeit besonderes Augenmerk. Obwohl manche Entwürfe oder auch fertige Brillen auf den ersten Blick als „extrem“ bezeichnet werden, verschmelzen besonders diese mit dem passenden Typ, werden nahezu Eins mit der Person.
Uns interessiert, wie Dieter auf die Namen seiner Kollektionen und Brillen kommt. Nummern seien ihm zu unpersönlich, verrät er uns. Und wie das im Leben so ist, unterliegt auch die Namensgebung seines Schaffens einer Entwicklung. Im Jahr 1992 nennt er seine erste Kollektion FUNKsunglasses. Etwas später heißt sein Label FUNKeyewear, seine darauffolgende Kollektion FUNKroyal. Bei FUNKeyewear ist es als Dachmarke bis heute geblieben, doch seine Kollektion heißt mittlerweile einfach wie er selbst: DIETER FUNK. „Um darauf zu kommen braucht es schon einen gewissen Entstehungsprozess,“ sagt Dieter mit einem Augenzwinkern. Eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Selbst nach dem Prinzip „weniger ist mehr", könnte man wohl eher sagen.
„Die Namen, die meine Brillen nach wie vor tragen, liegen im Ursprung der Kollektion FUNKroyal. Ob Herrscher, Fürsten, Könige, Feldherren, Pharaonen oder Wesen der Mythologie – hier eröffnet sich ein fast unendliches Feld. Zudem verbirgt sich hinter jedem Namen eine Geschichte, das macht es gleich viel interessanter. Seid gespannt was noch so kommt.“
„Schaut genau hin und fragt nach!“
Die Ereignisse der letzten Monate sind auch an FUNK nicht spurlos vorüber gegangen. Was schon seit langer Zeit auf Dieters Fahnen steht, scheint nun aktueller denn je zu sein. „Stellt euren Blick scharf auf das Unabhängige, auf das Individuelle, auf die Geschichte hinter dem Produkt! Wer macht das, wo kommt das her und wie wird das produziert?“ Dieter Funk ist der Meinung, jeder kann die Welt ein Stückchen besser machen, indem er sein Konsumverhalten hinterfragt und genau hinschaut. "Große Konzerne müssen nicht noch größer und mächtiger werden. Bitte unterstützt kleine Firmen, die ihr ganzes Herzblut in ihre Philosophie und ihre Produkte stecken!"
Es ist spät geworden, und bevor wir uns verabschieden, fragen wir Dieter nach einer Prognose für die Optik-Branche. „Das kommt ganz auf die Menschen an. Die bestimmen nämlich das Morgen der Brillen-Geschichte, da sind wir mehr oder minder machtlos. Mit etwas Glück können wir inspirieren, auf diesem Weg Einfluss nehmen auf die Zukunft. Ich persönlich sehe dieser Zukunft sehr positiv entgegen. Denn aus einem anfänglichen Trend wird gerade eine Bewegung: support your local, think before your buy, support individuality.“
Ein schönes Schlusswort, da können wir ihm nur beipflichten. Dankeschön Dieter, für die Einblicke und das aufschlussreiche Gespräch am Küchentisch in Kinsau. Wir kommen wieder! Eva und Magdalena (Brillen-Verrückte)
Das Interview mit Dieter haben wir im Jahr 2020 geführt.