Collaborative Vision: Sashee Schuster & Dieter Funk
Interview mit SPECTR #35 – international eyewear magazine
Das deutsche Brillenlabel DIETER FUNK schafft das seltene Kunststück, traditionelle Herstellungsprozesse mit zeitlosen und stets aktuellen Designs zu verbinden. Der Gründer und Namensgeber der Marke, Dieter Funk, arbeitet seit den 1990er Jahren mit dieser Erfolgsformel. Aber das ist nur die eine Hälfte der Geschichte. Die andere Hälfte dreht sich um Dieters Partnerin Sashee Schuster. Die Brillendesignerin hat eine einzigartige Methode, florale Elemente in wunderschöne Brillen zu verwandeln, und hat sich mit dem Label SASHEE SCHUSTER eine einzigartige Nische geschaffen.
Dieter und Sashee, könnt Ihr kurz beschreiben, was Euch zum Thema Brillen geführt hat?
Dieter: Eigentlich sollte ich nach der Fachoberschule Elektrotechnik studieren, aber dies wollte ich dann doch nicht. Viel- mehr habe ich mich entschieden, einen Lehrberuf zu ergreifen. Zur Wahl standen Koch, Zahntechniker oder Augenoptiker. Schließlich wurde es der Augenoptiker und das ist gut so. Bereits während der Ausbildung habe ich festgestellt, dass mich ein Teil besonders interessiert: das Bauen von Fassungen. Damit war der Weg bereits in diesem Moment klar! Der Rest ist Geschichte!
Sashee: Bei mir war es die eigene Sehschwäche und während eines „Blind Dates“ lernte ich Dieter kennen. Und mit ihm kam der Einstieg ins Thema Brillen. Seitdem sind wir ein echtes „Brillen-Tag- Team“! Was das Brillen-Entwerfen angeht: Ich wollte meinem Vater Tribut zollen und habe meine erste Brillenkollektion "Daddycated" zu seinem Gedenken herausgebracht. Mein Vater wurde 1925 geboren und ich hatte oft das Gefühl, dass er seiner Zeit in vielerlei Hinsicht weit voraus war. Leider habe ich ihn recht früh verloren. Wenn ich zurückdenke, sehe ich uns beide im Wald auf Schwammerlsuche. Ich erinnere mich ans Lehmmännchen-Bauen an der Isar, Baden im „Bibisee“ und „Kirwa-Kuchen-Essen“ in seiner Oberpfälzer Heimat. Es gab also viele tolle Vater- Tochter-Momente.
Wenn man die Firmengeschichte betrachtet, hat sich das Label FUNK anfangs mit exzentrischen Sonnenbrillendesigns einen Namen gemacht. Wie würdest Du die Design-DNA dieser frühen FUNK-Brillen beschreiben, Dieter?
Dieter: Wenn man bedenkt, dass dies in den frühen 1990er-Jahren geschah, hatte alles, was irgendwie "normal" war, absolut keine Chance auf dem Markt. Somit habe ich eine Kollektion auf den Markt gebracht, die so schräg und fast untragbar war, dass alleine dadurch Aufmerksamkeit erzeugt wurde. Dies war die Geburtsstunde von FUNKsunglasses. Und es war die Zeit von Techno, Rave, Loveparade. Und mit dem Namen MUSSTE man funky werden, um den Markt aufzumischen und einfach mit dem Design aufzufallen.
Zu Eurer gemeinsamen Story gehören natürlich auch die eigene Werkstatt und Euer Zuhause auf dem Land in Bayern. Wie kam es dazu?
Sashee: Während unserer Sturm- und Drangjahre in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren lebten wir zusammen im Herzen von München. Aber dann hatten wir im Jahr 2000 den Wunsch, mit einer eigenen Manufaktur kompromisslos ins Brillendesign zurückzukehren. Der Umzug in den neuen Firmensitz in Kinsau war eine große Veränderung zum Besseren. Wir hatten endlich genug Platz für alle Brillen und unsere kreativen Ideen. Außerdem arbeiten wir mit den besten Brillenherstellern und Technikern zusammen.
Dieter: Ja, der Umzug von München nach Kinsau in 2002 war einer der größten Meilensteine für uns. Endlich Platz, damit der nächste Traum verwirklicht werden konnte. Die eigene Manufaktur! Damals noch klein und fein in einem alten Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert und dann 2017 der Umzug in den von uns selbst geplanten und entworfenen Neubau. Weitere Meilensteine waren unser eigenes Klamotten- und Taschenlabel sowie eine Sonnenbrillenkollektion für den Extremsport und die Präsenz auf Mode- und Sportmessen.
Was hat sich verändert, seit Ihr Eure eigene Produktion aufgebaut habt?
Dieter: „A dream came true” – anders kann ich es nicht sagen. Bereits während meiner Lehrzeit hatte ich den Wunschtraum, irgendwann einmal eine eigene Brillenmanufaktur zu haben. 2006 war die Zeit reif dafür. Wir hatten den Platz, die Räumlichkeiten. Was fehlte, waren die Maschinen und die Menschen, damit man auch Brillen herstellen kann. Zu dieser Zeit gab es in China ein kleines „Beben“ bei den Brillenherstellern und einige kleine Betriebe machten dicht. Mit diesem Wissen haben wir uns an einen Agenten in China gewandt und dieser hat uns diverse Maschinen zur Brillenherstellung aus „Konkursmasse“ angeboten. Die meisten dieser Maschinen waren „Made in Italy“ und wir haben damit nichts anderes gemacht, als diese Maschinen wieder nach Europa zu holen.
Ihr betreibt auch eine „gläserne Manufaktur“, die in Eurem Hauptquartier öffentlich zugänglich ist. Kommen viele Optiker bei Euch vorbei, um sich die Produktion anzusehen?
Sashee: Ja! Und wir haben nicht nur die gläserne Werkstatt, sondern der FUNK Optic Store in Berlin-Mitte produziert auch seine eigenen Brillen. Hier in Kinsau kommen viele Leute, die bei einer Führung erfahren, wie aufwendig der Herstellungsprozess wirklich ist.
Was sind, kurz gesagt, die wichtigsten Vorteile Eurer eigenen Manufaktur?
Dieter: Die Möglichkeit, neue Designs ziemlich schnell auszuprobieren. Und die völlige Unabhängigkeit von externen Herstellern, da wir die volle Kontrolle da- rüber haben, welche Modelle wir bei der Finalisierung und Auslieferung priorisieren wollen.